Die verborgene Sängerin (10)

Mancherorts haben Sicherheitskräfte die Kinderspielplätze mit rot-weißem Plastikabsperrband umwickelt und abgesperrt, als handele es sich um Tatorte von Verbrechen. So auch im Münchner Arnulfpark, wo Franz und ich uns zum Spaziergang treffen. Park meint hier den städtebaulichen Euphemismus zwischen Hackerbrücke und Donnersbergerbrücke, für Nicht-Münchner: ein weitläufiges Neubaugebiet entlang der Schienenhauptachse zum Münchner Hauptbahnhof. Direkt entlang…

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Die verborgene Sängerin (9.1)

„Mit dem Herumlaufen allein ist es nicht getan. Ich muß eine Art Heimatkunde treiben, mich um die Vergangenheit und Zukunft dieser Stadt kümmern, dieser Stadt, die immer unterwegs, immer im Begriff, anders zu werden, ist.“ (Franz Hessel) Auch wenn die einsamen Flaneure des 20. Jahrhunderts, Walter Benjamin, Robert Walser oder der oben aus seinem „Lehrbuch…

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Die verborgene Sängerin (9.2)

„Will man sich nun erinnern, daß nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Geister, und vor allem die Bilder wohnen, so liegt greifbar vor Augen, was den Flaneur beschäftigt und was er sucht. Nämlich die Bilder wo immer sie hausen.“ (Walter Benjamin in: „Die Wiederkehr des Flaneurs“) Spazierengehen hebt die Stimmung, das haben wissenschaftliche Studien…

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Im Verborgenen Singen (8)

Nun ward der Frühling unserer Distanz. Die Lindenbäume in ihren entzückend knappen zarten Blätterkleidchen säumen wie Fronleichnamsmädchen die Straßen, Gehsteige und Fahrradwege. An den Litfaßsäulen werben immer noch Plakate für Phantomveranstaltungen im März und April. Vor dem Schaufenster eines Modegeschäfts steht eine Frau in die Betrachtung einer frisch eingekleideten Schaufensterpuppe vertieft, als seien wir an…

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Im Verborgenen Singen (6)

Doch, wir machen weiter. Auf getrennten Wegen zwar, aber wir machen weiter. Franz durchstreift seinen lokalen Nahbereich und ich den meinen. Die verborgene Sängerin erwarten wir momentan nicht zu finden. Es geht mehr darum, den aufgenommenen Faden zwischen den Fingern zu halten, weitermachen als energetisches Prinzip, im Feld bleiben, nicht die Spannung verlieren. Gerade in…

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Im Verborgenen Singen (5)

Komm! ins Offene, Freund! zwar glänzt ein Weniges heuteNur herunter und eng schließet der Himmel uns ein.Weder die Berge sind noch aufgegangen des WaldesGipfel nach Wunsch und leer ruht von Gesange die Luft.Trüb ists heut, es schlummern die Gäng und die Gassen und fast willMir es scheinen, es sei, als in der bleiernen Zeit. (…)(Friedrich…

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Im Verborgenen Singen (4)

„Die kalte, harte Präzision der Zahlen hält uns oft rücksichtslos gefangen, aber wir müssen vergeben, bis wir nicht mehr zählen können.“ (Matteo Cella, Priester in Nembro, Lombardei) Singen im Freien ist gefährlich geworden, es sei denn der Gesang tönt von Balkonen herüber und herab, wie im tapferen traurigen Italien. München kokettierte in den Zeiten, die…

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Im Verborgenen Singen (3)

„Die Stadt war schön und leer.“ (Robert Walser) Man darf mit einem Hund spazieren gehen, aber nicht mit einem Freund. Man darf wohl auch mit zwei oder drei Hunden spazieren gehen und trotzdem nicht mit einem Freund. Das macht die Suche nach der verborgenen Sängerin für Franz und mich schwierig. Franz pirscht nun nachts mit…

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Die verborgene Sängerin (2)

Nichts ist von Dauer, nichts ist vollendet und nichts ist perfekt. (Prinzipien des Wabi-Sabi) Die Suche nach der „verborgenen Sängerin“ wird unbeabsichtigt zu einer Chronik des Verschwindens von Öffentlichkeit aus dem öffentlichen Raum. Noch tanzen die Surfbretter auf der Eisbachwelle. Noch gehen die Menschen im Englischen Garten spazieren, noch joggen sie, fahren Rad, flanieren, führen…

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Die verborgene Sängerin (1)

Es heißt, sie tauche unangekündigt irgendwo auf, inmitten einer Wiese, an touristisch frequentierten Stellen, an einsamen Plätzen, an Kreuzungen von Spazier- und Wanderwegen. Und dann singe sie, und das sei unglaublich! Wir beginnen unsere Suche nach der „verborgenen Sängerin“ auf der größten Münchner Wiese, der Theresienwiese. Blumen wachsen auf dieser Wiese zwar keine mehr, und…

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